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ORDINATIO SACERDOTALIS oder die Absurdität der Unfehlbarkeit

25 Jahre "Ordinatio Sacerdotalis"

ORDINATIO SACERDOTALIS oder die Absurdität der Unfehlbarkeit

Wir sind Kirche zum 25. Jahrestag der „endgültigen“ Feststellung der Weiheunfähigkeit von Frauen in der römisch-katholischen Kirche am 22. Mai 1994

Pressemitteilung, München und Innsbruck, 16. Mai 2019

Die deutsche KirchenVolksBewegung und die österreichische Plattform Wir sind Kirche protestieren nach wie vor energisch gegen das Apostolische Schreiben ORDINATIO SACERDOTALIS von Papst Johannes Paul II über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe. Die Erklärung des Papstes, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen zu Diakoninnen und Priesterinnen zu weihen, steht in einer Reihe von Verlautbarungen aus Rom, in denen die Verkünder endgültiger Entscheidungen weder die Erkenntnisse eigener Expert*innen innerhalb und außerhalb der Hierarchie noch die Zeichen der Zeit erkannt haben.

 

„Menschen, die es gewohnt sind, in ihrem Alltag eigene Entscheidungen zu treffen, ließen sich auch vor 25 Jahren nicht mehr den Mund und das selbständige Denken verbieten“, erinnert sich Angelika Fromm aus Mainz, Mitbegründerin der Wir sind Kirche-Aktion Lila Stola. So stieß die Enzyklika auch in katholischen Verbänden auf harsche Kritik und führte im Kirchenvolk zu erheblichen Diskussionen über das Amt für Frauen. In der Folge kam es zu lauten Anfragen an die Struktur der Kirche weltweit und zu Forderungen, in denen die Frage der Weihe von Frauen eingebunden ist in einen ganzen Kanon von Reformen, die unsere Kirche grundsätzlich verändern würden entsprechend den Anforderungen unserer Zeit.

ORDINATIO SACERDOTALIS wurde geschrieben, um die Position der röm.-kath. Kirche angesichts der Weihen von Frauen in der Kirche von England im Frühjahr 1994 zu festigen. Martha Heizer, Vorsitzende der österreichischen Plattform Wir sind Kirche, sagt dazu: „Das Gegenteil wurde erreicht. Die Diskussion bricht nicht ab und ist mit der Aktion Maria 2.0 an der Basis wieder aufgeflammt – Frauen und Männer machen lautstark deutlich, dass sie die Lösung der Frauenfrage für entscheidend für die Zukunft der Kirche halten. Für viele Frauen wird zugleich immer klarer, dass sie nicht auf jemanden hören wollen, der sie nicht hören will.“

Der alte Grundsatz, dass Kirche ständig zu erneuern ist, gilt auch heute. Die Botschaft Jesu muss immer neu ausgesagt werden, um ihren Grundsätzen treu zu bleiben. Die Hoffnung auf die Veränderbarkeit stirbt nie. Doch diese Hoffnung trügt, solange die kirchliche Hierarchie am Dogma der Unfehlbarkeit von 1870 festhält und zu keiner Änderung bereit ist. Die Lösung der Frauenfrage verlangt aber diese Revision des Unfehlbarkeitsdogmas und damit eine tiefer gehende Änderung des Selbstverständnisses der Kirche und ihrer Ämtertheologie.

Verlautbarungen wie ORDINATIO SACERDOTALIS und nachfolgende Bekräftigungen machen deutlich: Unsere Kirche braucht den Befreiungsschlag, die Diskussion über das Unfehlbarkeitsdogma mit der Folge eines Konzils, das die Aufhebung beschließt – wenn sie eine Zukunft haben will.

Aufruf zur Eigenverantwortung des Kirchenvolkes

Wegen dieser Untätigkeit der Kirchenleitung, überfällige Reformen mutig anzupacken und weil das dogmatische Lehrgebäude der Kirche von oben wohl kaum revidiert wird, müssen die Gemeinden ihr Geschick selber in die Hand nehmen und nach neuen Formen auch der Leitung suchen. Immer mehr Gemeinden feiern deshalb ohne geweihten Priester Gottesdienst. Von der Schrift her ist das nicht illegitim, weil es noch keine geweihten Priester, wohl aber Gemeindeleiter und Gemeindeleiterinnen kennt. Viele Gemeindemitglieder ziehen diese Gottesdienste, gleich ob Wortgottesdienste oder Feiern des Abendmahl, dem klerikalen Sakramentalismus vor.

Pressekontakt: Angelika Fromm, Tel: 0049-157-54 09 16 06, E-Mail: This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it. Dr. Martha Heizer, Tel. 0043-650-416 85 00, E-Mail: This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it. Christian Weisner, Tel: 0049-172-518 40 82, E-Mail: This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.

Hintergrund zum Thema:

Das Apostoloische Schreiben ORDINATIO SACERDOTALIS – über die nur Männern vorbehalten Priesterweihe (1994) war von Johannes Paul II an die Bischöfe der katholischen Kirche gerichtet. Ebenso wie das Schreiben INTER INSIGNORES – Erklärung zur Frage der Zulassung der Frauen zum Priesteramt (1976) – Verfasser war die Glaubenskongregation, approbiert von Papst Paul VI – lag der Grund für Ordinatio Sacerdotalis in den Beschlüssen einiger Anglikanischen Kirchen, Frauen zur Diakoninnen- und Priesterinnenweihe zuzulassen (in den 1970ern) und zur ersten Weihe von Frauen der Kirche von England zu Priesterinnen im März 1994.

In Ordinatio Sacerdotalis bezieht sich Johannes Paul II ausdrücklich auf Inter Insignores und auf die Weihen in der Kirche von England.

Im recht kurzen Schreiben wird die Aussage, dass die Kirche nicht die Vollmacht habe, Frauen die Priesterinnenweihe zu spenden, wiederholt, begründet und in einem ungewohnt harschen Schlusskapitel als endgültige, nicht diskutierbare Entscheidung erklärt.

Die Begründungen für dieses Unvermögen leiten sich her aus biblischen Befunden, der Tatsache, dass Maria, die Mutter Gottes, „nicht das Amtspriestertum erhalten“ habe und aus der Tradition.

Bereits vor der Abfassung von Inter insignoris durch die Glaubenskongregation hatte die vatikanische Bibelkommission fast einstimmig erklärt, dass ein Verbot weiblicher Priester aus der Hl. Schrift nicht herausgelesen werden könne und dass der Heilsplan Christi durch Zulassug der Frauenordination nicht verfälscht würde. In frühen Teilen des Neuen Testamentes ist durchaus von Leiterinnen von Hausgemeinden (Lydia, Apg), von Diakoninnen (Phoebe, Röm) und Apostolinnen (Junia, Röm) die Rede. Forschungen halten neben Diakoninnen auch Priesterinnen in den frühen Gemeinden für möglich (Ute E. Eisen, AmtsträgerInnen im frühen Christentum, 1996)

Maria erhielt von ihrem Sohn nicht „das Amtspriestertum“, weil er weder Frauen noch Männer zu Priestern geweiht hat. Das „Amtspriestertum“ gab es in der frühen Kirche nicht. Es entwickelte sich erst langsam über die ersten Jahrhunderte und war und ist weiter Veränderungen im Verständnis unterworfen.

Damit ist auch das Argument der Tradition hinfällig.