DIE FRAUENFRAGE IM “INSTRUMENTUM
LABORIS”
Kritische Gedanken und
Erwartungen dazu
“Es fehlt auch nicht an Stimmen,
die laut werden und fordern, die Frauenfrage in der Gesellschaft und Kirche
anzugehen, wobei zu betonen ist, daß in den kirchlichen Gemeinschaften
mehr oder weniger große und mutige Fortschritte gemacht wurden. Es
sind aber noch einseitige Sichtweisen abzubauen in Bezug auf die Anerkennung
der gleichen Würde und der gleichen Rechte und Pflichten der Männer
und der Frauen in den Lebensbereichen von Familie und Gesellschaft und
des besonderen Beitrags der christlichen Frauen zum Leben und zur Evangelisierungsarbeit
der Kirche. Man muß ehrlich zugeben, daß vor allem in einigen
Kirchen diesbezüglich noch ein weiter Weg zurückzulegen ist.”
Mehr ist auf 46 Seiten des
“Instrumentum Laboris” zur Europäischen Bischofssynode zum Thema “Frau”
nicht zu finden, und es wird auch kaum von den in Rom anwesenden Bischöfen
zu erwarten sein, dass sie sich wirklich mit einer tatsächlichen Gleichstellung
der Frauen in der römisch-katholischen Kirche beschäftigen werden.
Deshalb sind unsere Stimmen notwendig, und wir laden Frauen und Männer
ein, ebenfalls ihre Stimme zu erheben, damit es bei dieser Bischofssynode
nicht wieder bei den üblichen Alibi-Aussagen zu Frauen in Kirche und
Gesellschaft bleibt.
Kommentare, Ergänzungen,
Kritik sind erbeten an: i.thurner@tirol.com
1) “...die Frauenfrage in
der Gesellschaft und Kirche anzugehen...” – Es klingt eigenartig, wenn
sich Bischöfe – vielleicht – endlich dazu aufraffen, während
in Staat und Gesellschaft die Gleichwertigkeit der Frauen heute eine selbstverständliche
Voraussetzung für alle Gesetze und Maßnahmen ist! Gerade eine
Glaubensgemeinschaft, die einen Gott verkündet, der sich den Benachteiligten,
Kleinen und Armen zuwendet und diese Haltung zu Recht von Katholikinnen
und Katholiken einfordert, müsste Wegbereiterin für die Gleichwertigkeit
von Frauen und Männern sein und nicht dieser Entwicklung widerwillig
hinterher hinken.
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Römisch-katholische Frauen
erwarten deshalb von der Europäischen Bischofssynode klare Aussagen
dazu, was für ethnische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Gegebenheiten
heute selbstverständlich ist: dass auch das weibliche Geschlecht kein
Hindernis ist, ganz zu Christus zu gehören, eins mit ihm zu sein,
und dass Frauen damit “Erbinnen der Verheißung” sind (vgl. Gal 3,
26-29).
2) “Es sind aber noch
einseitige Sichtweisen abzubauen...” – Ein (fast) unmögliches Unterfangen,
solange Männer kraft ihres Amtes die einzigen sind, die Würde,
Wesen und Aufgaben der Frauen definieren und Frauen damit immer noch zu
Objekten der Seelsorge machen, denen vorzuschreiben ist, was ihnen gut
tut.
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Römisch-katholische Frauen
erwarten deshalb von der Europäischen Bischofssynode eine klare Absage
an jedes Sprechen über Frauen und an Definitionen ihres Wesens und
ihrer Würde, solange Frauen selbst nicht zur Sprache bringen können,
was sie bewegt, und ihnen verboten wird, über ihre vielfältigen
Berufungen offen zu sprechen und sie zu leben.
3) “...des besonderen
Beitrags der christlichen Frauen zum Leben und zur Evangelisierungsarbeit
der Kirche...” – Kirchliche Praxis ist in hohem Ausmaß Praxis von
Frauen, sie sind heute in allen Wirkungsbereichen der römisch-katholischen
Kirche aktiv und übernehmen Verantwortung. Sie üben hauptamtlich
und ehrenamtlich Funktionen aus, die ihnen früher niemand zugetraut
hätte, sind theologisch gebildet und prädestiniert, Güte,
Liebe, Heil, Barmherzigkeit – die Zuwendung Gottes zum Menschen – buchstäblich
zu verkörpern.
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Römisch-katholische Frauen
erwarten deshalb von der europäischen Bischofssynode eine entschiedene
Abkehr von der überkommenen Haltung, Frauen auf ihre Mütterrolle
zu reduzieren und ihnen nur im Rahmen der Familie verantwortungsvolle Aufgaben
für das Leben und die Eveangelisierungsarbeit der Kirche zuzutrauen.
4) “Man muß ehrlich
zugeben, daß vor allem in einigen Kirchen diesbezüglich noch
ein weiter Weg zurückzulegen ist.” – Diesem ehrlichen Eingeständnis
müssen endlich konkrete Taten folgen, betrifft es doch vor allem die
römisch-katholische Kirche. Schwesterkirchen sind diesen Weg bereits
vorangegangen und zeigen damit, wie bereichernd es sein kann, wenn Frauen
und Männer gemeinsam als Abbild Gottes wirken und von Gott gewolltes,
umfassendes Mensch-Sein auch in den Kirchen leben, entfalten und sichtbar
machen.
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Römisch-katholische Frauen
erwarten deshalb von der Europäischen Bischofssynode im Blick auf
die Ökumene nicht nur eine einseitige Orientierung an den Orthodoxen
Kirchen und Rücksicht auf deren Empfindlichkeiten in der Frauenfrage
(während die Praxis dieser Kirchen für Wiederverheiratet-Geschiedene
und verheiratete Priester keinesfalls als Maßstab genommen wird).
Die Praxis anderer Kirchen, Frauen zu weihen bzw. zu ordinieren und ihnen
damit den Weg zu öffnen, ihre Berufung durch Gott zu leben, muss das
gleiche Gewicht haben wie die Ablehnung der Ostkirchen. Erst wenn Frauen
die gleichen Möglichkeiten wie Männer haben, dem Ruf Gottes zu
folgen, wird sichtbar und spürbar werden, dass alle “eins” sind in
Christus Jesus und es nicht mehr Ost und West, nicht Unterdrückte
und Freie, nicht Mann und Frau mehr gibt, sondern Leben in Fülle -
Menschen, die als Mann und Frau zum Menschsein als Gottes Abbild berufen
sind.
5) “Es ist meine feste
Hoffnung, daß Maria, die mit den Jüngern im Abendmahlssaal anwesend
war, diese letzten Vorbereitungen leiten und den Synodenteilnehmern in
den Beratungen beistehen wird” – Ein Satz im Vorwort zum “Instrumentum
laboris” von Kardinal Jan P. Schotte, dem Sekretär der Synode, lässt
aufhorchen. Bisher wurde unter anderem mit dem Hinweis darauf, dass Maria
nicht beim letzten Abendmahl anwesend war, vom Vatikan der Ausschluss von
Frauen von Weiheämtern begründet.
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Römisch-katholische Frauen
erwarten von der europäischen Bischofssynode, dass sie Maria neu ent-deckt
– nämlich jene aus dem Neuen Testament, eine Frau, die ihren Weg im
Glauben zu gehen versucht, allen Widerständen zum Trotz, manches erfasst,
vieles nicht versteht und immer wieder neu um Vertrauen ringt. Und Frauen
erwarten, dass weibliche Bilder von Gott und Frauen des Alten und Neuen
Testamentes in Zukunft zumindest gleich stark wie biblische Männer
und männliches Reden von Gott das Leben der Kirche prägen. 2000
Jahre Verstecken und Verdrängen von Frauen und ihres wesentlichen
Beitrags in der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen sind wahrlich genug!
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